»The same procedure as every year- ?”
Graut Ihnen schon vor den Feiertagen? Wo kann man an Weihnachten essen gehen? Oder braten wir uns lieber selber eine Ente?
Selbst auf die Gefahr hin den Backofen nach Benutzung, wieder saubermachen zu müssen, scheint dass für viele angesagter zu sein, als irgendwo schick essen zu gehen. Und außerdem ist es ja Tradition, dass die lieben Kleinen, auch wenn sie nicht mehr immer lieb und schon
gar nicht mehr klein sind, zu unserer Freude als Eltern, zu Hause aufschlagen. Und so schätze ich, dass es nur noch rund drei Wochen sind, bis, wie in jedem Jahr, Loriots schwerhöriger Marschliebhaber, Opa Hoppenstedt seinen »Helenenmarsch« an Heilig Abend durch die deutschen Wohnzimmer dröhnen lässt und nach einer weiteren Woche Freddie Frinton, über den Tigerkopf in Miss Sophies Esszimmer, stolpernd stöhnt:,« Well i`ll do my very best«.
Ja, Opa Hoppenstedt und James, Miss Sophie und ihre Gäste, Mr. Pommeroy, Admiral von Schneider, Sir Toby und Mr. Winterbottom, alle gehören mittlerer Weile zum Festtagskult über die Feiertage dazu wie Hammer und Sichel zum Kommunismus. So wie Alfred Tetzlaff und sein ostzonaler Schwiegersohn Michael. Eben »the same procedure as every year«!
Ich bin ja froh darüber, denn man kann so wenigstens einmal im Jahr noch echte Satire und echte Sketche sehen. Das eint nicht nur Alt und Jung in fantastischer Weise. Das erfrischt auch ungemein. Und wer die Stimmung noch toppen will, der legt am Abend das »Guy Lombardo Trio« auf und spielt: »He is coming down the chimney« (gemeint ist Santa Claus, der als einziger Kerl seinen Sack hinten trägt) oder sie bringen Stimmung in die Weihnachtsstube und erheitern mit Billy May und seinem »Rudolph, The Red-Nosed Reindeer« – Mambo. So wird aus dem Lied, über das kleine Biest, mit der roten Nase, ein neuer Weihnachtshit für alle.
Kochst Du noch oder isst Du schon?
Um aber wenigstens diesen Mangel, an Weihnachten ständig kochen zu müssen abzustellen, begebe ich mich mit Bernhard, dem Lokalredakteur (…auch wie in jedem Jahr…), auf Ausflugstour, um Ihnen ein nettes kleines feines »Weihnachtslokal« vorzuschlagen.
Wir fahren heute auf Empfehlung von Manfred Bierke, Keramiker, Musiker und Freizeit-Weihnachtsmann in einer Person, nach Berkenbrück.
Das Bürgerhaus, an der Kreuzung, mitten im Ort gelegen, macht schon von außen einen sehr guten Eindruck auf mich und dieser wird durch freundliche Begrüßung durch Chefin Anja Stiegemann und Kristin Korn vom Service, noch getoppt.
Die Karte verrät uns weswegen wir hier sind: Lokale- und jahreszeitgemäße Küche.
Wild dominiert und das ist gut so. Kein Mainstream, alles frisch. An Wild gibt es auf der Karte was die Wälder und Seen um Berkenbrück zu bieten haben. Zu unserem Besuch ist gerade »Das Wildschwein« angesagt, die Wildenten waren leider noch im Anflug, denn der Chef, Renè Kock, hat Zeitdruck. Er ist zugleich der Bäcker und Konditor, der für die nicht dick sondern glücklich machenden Torten im Lokal sorgt und er ist last but not least auch der Jäger für`s Lokal. Wir lesen in der Karte: Auf den ersten Blick fallen mir die wohltuenden Preise ins Auge: Alles wild! Alles zwischen 8 Euro und 15 Euro bei den Hauptgerichten.
Frische und Ambitionen
Ich wähle den Wildschweinbraten mit Rotkohl und Kartoffelklößen, Manfred lässt sich von der Rinderroulade begeistern und Bernhard steht auf Wildgoulasch.
Dazu bestelle ich mir einen sehr schönen, trockenen, Dornfelder aus der Pfalz, kein Mainstream aus Rhein-Hessen wie sonst in unserer Gegend üblich.
Ich gehe in die Küche um zu sehen wie Küchenchef Marian Weiß und sein Souschef Michael zur Sache gehen. »Die Größe ist prima, wir können alles machen, vom kalten Büffet bis zum 4 Gänge Menü« erklärt mir Marian. Auf meine Frage wie es um die ambitionierte und Küche im lokalen Bereich steht, verweist der Küchenchef aktuell auf das Weihnachtsmenü. »Du kannst wählen zwischen 3 Menüs, die wir am 1. Und 2. Weihnachtstag kochen« .
Ich will Ihnen liebe Leser heute aber nur eines davon Vorstellen, denn wählen müssen Sie vor Ort und auf Empfehlung der netten Damen im Service:
Vorspeise: Winterlicher Salat mit Wildschinken, Zwischengang: Apfel-Karotten-Suppe mit dem Mark echter Vanille, Hauptgang: Geschmorte Gänsekeule mit Orangen-Soße, Waldbeeren-Rotkohl und Kartoffelklößen. Den Preis verrate ich Ihnen auch: 22,50 Euro.
Viel Geschmack zeigt Größe
Zurück am Tisch probiere ich meine Wildsuppe: Keine künstlichen Aromen, also alles frisch und eben selbstgekocht. Sehr schöne Pilze und Wildstücke in der Suppe, die von mir als Wildsuppe 8 von 10 Punkten bekommt.
Manfreds Rinderroulade (12,90 €), hat Ausmaße wie die Rouladen welche es früher bei meiner Oma immer gab. Und mein Wildschweinbraten (12,90 €) ist ebenso wie Bernhards Wildgoulasch (11,80 €), mit einer sehr guten Soße ausgestattet, saftig und von vorzüglichem Geschmack.
Die Köche im Bürgerhaus verstehen sich offensichtlich gut darauf das Konzept der Gastwirtschaft, durch ein sehr gutes Handwerk und mit Liebe zum Kochen, auf den Punkt zu bringen. Selbst die Klöße, deren Herkunft ich nicht erfragt habe, schmeckten mir wie selbstgemacht und wäre nicht diese riesige, unzeitgemäße, nur ins Budget schlagende Salatbeilage auf dem Teller gewesen, gäbe es von mir 8 Punkte.
Meine Tischnachbarn sind ebenso zufrieden wie ich und genauso satt. Freizeit-Weihnachtsmann Manfred Bierke, der mit seiner verbindlichen und gutmütigen Ausstrahlung, alle Kinderherzen in Reichweite höher schlagen lässt, ist froh dass heute noch nicht Weihnachten ist, denn mit so einem vollen Bauch würde er wohl durch keinen Kamin passen, auch wenn er den Sack nicht hinten tragen würde.
Fazit
Genau ins Schwarze getroffen. Das Bürgerhaus in Berkenbrück ist eine sehr gute Adresse für alle die eine qualitativ hochwertige, lokale Küche, mit Hausmannskost und bürgerliche Küche mögen. Die Frische der Produkte übertrifft nur noch das hervorragende Preis-Leistungsverhältnis. Meine Empfehlung: Ein junges Team alter Schule. Fahren Sie zum Essen in diesen dunklen Dezembertagen mal nach Berkenbrück.
Es ist einfach mal etwas Anderes als immer nur Dasselbe.
Michael Dittrich (Dezember 2012)