Gutes Speiselokal in der Nähe der Feuerwehr in Slubice.
Green-Card für den Geschmack
Wir alle wissen es: Kräuter bringen Frische ins Essen! Mit ihren Aromen von Anis bis Zitrone geben sie vielen Gerichten den richtigen Kick. Da-her bevorzuge ich gern Restaurants die sich zu Gunsten ihrer Gäste, nicht für künstliche Geschmackverstärker und Instantprodukte sondern für eine kräuterlastige Aromaküche entscheiden.
Stellen Sie sich einen wundervollen Salat Caprese vor mit Tomaten und Mozzarella und dem Duft und Geschmack von frischem Basilikum. (Das hieß früher in Deutschland nach seinem Verwendungszweck auch Pfefferkraut). Oder Sie denken an einen Lammbraten mit frischem Rosmarin, Ess-Lavendel oder Thymian. Inzwischen kann man ja fast alles im Handel bekommen, Koriandergrün und Salbei aber auch die verschiedenen Variationen sind erhältlich etwas Thai-Basilikum oder Zitronenthymian. Dieses größere Angebot im Handel ist auch ein Indiz dafür dass die Menschen inzwischen verstanden haben, sie brauchen keine künstlichen Geschmacksverstärker. Sellerie und Knoblauch sind natürliche Ge-schmacksverstärker und Kräuter heben ebenfalls den Eigengeschmack unserer Produkte hervor. Lassen Sie in Ihrer Küche Frische Einzug hal-ten und fragen Sie in der Gastronomie danach! Denn leider haben, wie wir immer wieder schmecken können, das noch nicht alle Köche in unse-rer Gastronomie begriffen. Teils aus Unwissenheit welche Kräuter wofür in Frage kommen. (Haben wir Kochbücher? Haben wir Internet? Brauchen unsere Köche eine App auf dem Handy?) und zum Teil auch aus Bequemlichkeit oder weil der Chef selbst ein kulinarischer Pflegefall ist und es nicht will. Frische Kräuter müssen eben frisch sein, wie die Produkte die verarbeitet werden eben auch.
Ich habe es schon, (in FF!), erlebt das Lammkoteletts gefroren auf den Grill geworfen wurden und dass dieser lukullische Terroranschlag dann auch noch serviert wurde. Da rettet dann frisches Rosmarin auch nichts mehr.
Außergewöhnlich mit Konventionen
Diesem Mangel an Neuinterpretation internationaler Küchenklassiker, hilft Anetka mit ihrem Portofino in Slubice ab. Klein wie der Ort in der Provinz Genua aber sehr idyllisch, mit einem schönen (Bier) Garten als Ruheoase in der Stadt gelegen. Anetka ist Chefin und Köchin zugleich und sie will dem Portofine, dass es ja schon früher gab einen neuen Glanz, durch neue Inhalte verleihen. Ihr Geheimnis liegt in der Natur der Sa-che. Speisen werden nicht konstruiert, es wird vielmehr an der hohen Kunst des Einfachen gefeilt.
Und man merkt, dass die »Chefin« von der Arbeit mit Lebensmitteln fasziniert ist und dass sie diese Energie auch in ihre Gerichte einfließen lässt. Was ich meine ist: Ein Carpaccio das ist bei Anetka eben ein Carpaccio. Für den Gast separat aufgeschnitten und angerichtet ist es nicht nur eine Augenweide sondern es hat den Geschmack und den Pep, so wie man es sich vorstellt. Oft genug erleben wir ja dass ein Carpaccio serviert wird, bei dem lediglich die Plastikverpackung entfernt wurde und der Kranz, so wie im Großhandel verkauft, dem Gast auf den Teller ge-klatscht wird. Anetkas Tomatensuppe ist eben eine Suppe aus Tomaten und nicht aus Plastiktüten und wenn man ihre Gemüsesuppe mit »Zweierlei Fleischeinlage« kostet wird einem klar: Es sind die einfachsten Grundsätze die uns den durch künstliche Aromen verdorbenen Ge-schmack zurückgeben: Frische Produkte und Zutaten.
Medium-Rare und frischer Geschmack
Große Karten sind wie große Kleiderschränke. Bis oben hin voll, aber es ist nichts drin, worauf man wirklich Lust hat. Anetka bringt uns ihre Karte: Überschaubar, Appetit machend und Frische verheißend. Als Gruß aus der Küche wurden uns schön gewürzte Artischocken auf den Tisch gestellt
Ich wähle zunächst ein ital. Baguette mit Räucherlachs und als 2. Gang eine frische Dorade mit frischen Kräutern, dazu einen Chardonnay. Un-ser Redakteur Bernhard will nach seinem Carpaccio noch ein Filetsteak mit (saisonal) Pfifferlingen verspeisen und trinkt dazu ein Bier, ein »Lech«. Und ich koste Anetkas Suppen.
In Anetkas blitzsauberer Küche erkennt man das hier mit Engagement und Idealismus gekocht wird. Transparenz und Offenheit im Dialog mit dem Gast lassen bei Anetka auch jeder Zeit Sonderwünsche zu.
Um zur Sache zu kommen: Das Carpaccio bekommt von mir 10 Punkte, Optik, Qualität, Geschmack, alles top.
Das Lachsbaguette war super, 9 Punkte, meine Dorade erreichte nur 7 Punkte, mein Geschmack wäre knusprig gebratene Dorade gewesen - meine Schuld, hätte ich sagen können. Aber schonend gegart verdient auch Punkte. Bernhards Filetsteak- medium rare, auf den Punkt auch 9 Punkte.
Fazit
Nachdem Prinzip »weniger ist frisch« werden nur Lebensmittel verwendet, die beim täglichen Einkauf inspirieren und mit Sorgfalt zu den Gerichten im »Portofino« werden.
Man staunt wie ambitioniert alltägliches auf den Teller kommen kann. Sicher sind einige handwerkliche Dinge wie auch der Freisitz im Garten noch entwicklungsfähig, aber die sind auf einem guten Weg.
Michael Dittrich (August 2013)